Didaktische Konzepte II, 19.05.2015

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Inhaltsverzeichnis

Allgemein: Sinn und Zweck täglicher Übungen

Vor Beginn einer konkreten Unterrichtsstunde ist es sinnvoll diese mit täglichen Aufgaben zu starten, da die Schülerinnen und Schüler immer eine gewisse Zeit brauchen, bis sie in der Unterrichtsstunde ankommen. Durch den Einsatz von täglichen Aufgaben können die Schülerinnen und Schüler warm werden, sich auf die Stunde vorbereiten und zur Ruhe kommen.
Am besten ist es, wenn man den Schülerinnen und Schülern Aufgaben stellt, bei denen sie sich für die richtige Antwort entscheiden müssen. Somit setzen sie sich intensiv mit der "Materie" auseinander und der Frage, warum etwas falsch oder richtig ist (siehe Beispielaufgaben). Durch die Gegenbeispiele bei solchen Aufgabentypen lassen sich die Rechenregeln verfestigen.
Es ist allerdings darauf zu achten, dass die täglichen Übungen nicht zu schwer gestellt sind, da man den Schülerinnen und Schüler zu Beginn der Unterrichtsstunde ein positives Erlebnis ermöglichen möchte und sie erkennen, dass sie etwas können. Somit entwickeln sie eine positive Grundhaltung gegenüber der Unterrichtsstunde.
Ein weiterer Zweck von täglichen Übungen ist es, dass die Schülerinnen und Schüler den Stoff der letzten Stunden wiederholen können. Dies gibt dem Lehrer Rückschlüsse darauf, ob die Schülerinnen und Schüler den Stoff verinnerlicht haben und wo noch Schwierigkeiten bestehen. Man sollte jedoch den Schülern dabei vermitteln, dass Fehler nichts schlechtes sind, sondern dass man sie machen darf und lernt damit umzugehen.
Die letzte Aufgabe der täglichen Übung sollte immer auf das Thema der eigentlichen Unterrichtsstunde hinweisen.

Beispielaufgaben

Welche Brüche wurden richtig gekürzt?

  • \frac{12}{24} = \frac{1}{12}
  • \frac{12}{24} = \frac{1}{2}
  • \frac{12}{24}=\frac{11}{22}
  • \frac{12}{24}= \frac{6}{12}

Notiere die Aufgabe mit der richtigen Lösung.

  • \frac{3}{5} \cdot \frac{2}{7} = \frac{5}{12}
  • \frac{3}{5} \cdot \frac{2}{7} = \frac{6}{35}
  • \frac{3}{5} \cdot \frac{2}{7} = \frac{32}{57}
  • \frac{3}{5} \cdot \frac{2}{7} = \frac{31}{35}


Ergänze die folgende Regel:

  • Multiplizieren ist echt der Renner.

Nimm Zähler mal Zähler und ...

Konzepte für die Bruchrechnung nach Padberg

Größenkonzept

Bei diesem Konzept geht man von konkreten Brüchen wie \frac{1}{2} m, \frac{3}{4} l oder \frac{7}{8} km aus. Durch eine Abstraktion kommt man zu einer festen Größe als Bezugsgröße, welches das "Ganze" bzw. die "Einheit" darstellt.

Die Bruchzahl \frac{m}{n} ist hierbei eine Größe, die Größe \frac{m}{n} E, wenn wir die Einheit E bezeichnen.

Vorteil

  • Nähe zu vielen Anwendungen der Brüche im täglichen Leben => gute Rückgreifmöglichkeiten auf Vorkenntnisse
  • Erweitern, Kürzen, Anordnungen, Addieren und Subtrahieren lassen sich gut von alltäglichen Anwendungssituationen her motivieren und anschaulich behandeln

Nachteil

  • hat seine Grenzen bei der Multiplikation => Umdeutung des Bruchbegriffs erforderlich, da für Größen im natürliche Sinne keine Multiplikation erklärbar ist
  • Grenzen bei der Division => Ergebnis ist keine Größe, also keine Bruchzahl im Sinne des Konzepts


Äquivalenzklassenkonzept

Bei diesem Konzept definiert man zunächst in der Menge der geordneten Paare (a,b) natürlicher Zahlen eine Relation "~" durch (a,b) ~ (c,d) genau dann, wenn a \cdot d = b \cdot c (quotientengleich). Diese Relation ist reflexiv, symmetrisch und transitiv. Somit handelt es sich um eine Äquivalenzrelation, die eine Klasseneinteilung in der Menge der geordneten Paare natürlicher Zahlen bewirkt.

Die Bruchzahl \frac{m}{n} entspricht einer Äquivalenzklasse:
\frac{m}{n} = { (a,b) |a,b sind natürliche Zahlen und m \cdot b = n \cdot a }

Äquivalenzklassen enthalten unendlich viele Elemente (Repräsentanten).

Beispiel: \frac{3}{4} = { (3,4),(6,8),(9,12),... }
Mit Hilfe der Repräsentanten definiert man zwischen den Äquivalenzklassen eine Addition bzw. Multiplikation durch Festsetzung:

\frac{m}{n} + \frac{p}{q} := \frac{m \cdot q + p \cdot n}{n \cdot q} bzw. \frac{m}{n} \cdot \frac{p}{q} = \frac{m \cdot p}{p \cdot q},

das heißt, wir ordnen den Rechenoperationen als Ergebnis eine neue Äquivalenzklasse zu.

Vorteil

  • mathematisch einwandfrei

Nachteil

  • Hochschulmathematik
  • für Schüler völlig unmotivierend und rein formal
  • keine anschaulichen Vorstellungen
  • kein Vorwissen wird aktiviert
  • anwendungsfern
  • Einführung der Addition wirkt künstlich


Gleichungskonzept

Die Bruchzahl \frac{m}{n} ist bei diesem Konzept die Lösung einer linearen Gleichung  n \cdot x = m, wobei m,n natürliche Zahlen sind.

Die Lösung dieser Gleichung schreibt man auch m : n, so erhält man die Beziehung m:n = \frac{m}{n}.

Beispiel:
Addition zweier Brüche: \frac{7}{3} + \frac{3}{5}
Definitionsgleichungen: 3 \cdot x = 7 und 5 \cdot y = 3
Gleichung finden für x + y (erweitern): 15 \cdot x = 35 , 15 \cdot y = 9 => x+y = \frac{44}{15}
=> \frac{7}{3}+ \frac{3}{5} = \frac{44}{15}

Vorteil

  • Erweitern, Kürzen und die Rechenoperationen sind gut einführbar

Nachteil

  • belastet spätere Behandlung der Gleichungslehre
  • für die Schülerinnen und Schüler ist dieses Verständnis einer Bruchzahl noch zu schwer
  • Einführung der Division bereitet Schwierigkeiten
  • Anwendung der Bruchzahlen als Maßzahlen von Größen schwer erklärbar


Operatorkonzept

Das Operatorkonzept geht davon aus, dass Bruchzahlen Funktionen bzw. Operationen sind.

Die im täglichen Leben übliche Sprechweise "\frac{2}{3} von 6 kg sind 4 kg" wird hier so gedeutet, dass durch "\frac{2}{3} von" der Größe 6 kg die Größe 4 kg zugeordnet wird. In diesem Sinn kann man die Bruchzahl \frac{2}{3} als Funktion bzw. Operator deuten, die der Größe g die Größe \frac{2}{3} von g zugeordnet.
Der Bruchoperator "\frac{2}{3} von" (kurz: \cdot \frac{2}{3}) ist zusammengesetzt aus "nimm den dritten Teil" (:3, Divisionsoperator) und "verdopple diesen Teil" (\cdot 2, Multiplikationsoperator).

Allgemein besteht der Bruchoperator (\cdot \frac{m}{n}) aus dem Divisionsoperator (: n) und dem Multiplikationsoperator (\cdot m). 
(\cdot \frac{m}{n}) := (:n) o (\cdot m) = (\cdot m) o (:n)
"o" entspricht Verkettungssymbol

Beispiel zur Multiplikation:
Die Multiplikation \frac{m}{n} \cdot \frac{p}{q} wird so gedeutet, dass auf \frac{m}{n} der Bruchoperatot (\cdot \frac{p}{q}) einwirkt. Der Bruchoperator wird in seine Teilkomponenten (\cdot p) und (: q) zerlegt. Die Multiplikation bedeutet demnach das Hintereinanderausführen dieser beiden Operationen. Dies notiert man in folgendem Diagramm:

Diagramm zur Multiplikation






Vorteil

  • Divisionsregel gut erklärbar durch Gegenoperatormethode

Nachteil

  • Einführung der Addition und Subtraktion kompliziert und anwendungsfern => Größenkonzept
  • keine Anknüpfung an Vorerfahrungen
  • formales Umgehen mit Operationen => kein Anwendungsbezug und inhaltliche Vorstellung

Kürzen und Erweitern

Bei der Einführung des Kürzen und Erweitern ist darauf zu achten, dass man mit den Schülerinnen und Schülern zunächst das Erweitern einführt, da multiplizieren für sie einfacher ist als das dividieren. Weiterhin sollte man nach dem EIS-Prinzip vorgehen.

enaktiv:
z.B. Kreise bzw. Rechtecke auslegen und verschieden falten lassen
=> konkrete Handlung

ikonisch:
Zeichnung an sich

symbolisch:
\frac{1}{4} = \frac{2}{8}

(\frac{a}{b} = \frac{c}{d}, a \cdot d = c \cdot b)

Einführung: Erweitern und Kürzen